Willkommen bei Joseph Schmidt!
Steckbrief:

Geboren: 4. März 1904 in Bukowina

Gestorben: 16. November 1942 in Girenbad, Schweiz
Der 1904 geborene J. Schmidt fiel in Davideny nahe Czernowitz (einer Stadt im Westen der Ukraine, unweit der Grenze zu Rumänien, einst Zentrum jüdischer Kultur in der Bukovina, einer Grenzlandschaft, die über die Jahrhunderte vom Vielvölkergemisch geprägt war) schon als Kind durch eine hervorragende Stimme auf. Er wurde zu einem der überragenden Künstler dieser Region. Trotz einer Körpergrösse von 1.60 m wurde aus Joseph Schmidt in den 30er Jahren eine der schillerndsten Gesangsgrössen seiner Zeit. Er verkehrte in den vornehmsten Hotels von Europa und Amerika und begeisterte sein Publikum. Vom Publikum wurde Joseph Schmidt als „der deutsche Caruso“ gefeiert. Seine Platten verkaufen sich mit ungeahntem Erfolg und machen den kleinen Tenor zum meist gehörten Sänger seiner Zeit.

Seinen ersten gesanglichen Auftritt hatte Schmidt als klassischer Hebräer-Sänger in der Synagoge von Cernowitz. Im Alter von 20 ging er nach Berlin, wo er Piano und Gesang studierte. Von 1926 bis 1929 wurde er für den militärischen Dienst eingezogen und nach seiner Entlassung wurde er Kantor an der Synagoge von Cernowitz. Seinen ersten Auftritt in einer Oper hatte er 1929. Mit dem Engagement an einem deutschen Radio begann Joseph Schmidts internationale Karriere. Im Film „Ein Lied geht um die Welt“ (Deutschland 1933) gelang Joseph Schmidt der endgültige Durchbruch. 9. Mai 1933. zur Premiere des Films hatte sich Goebbels sich angesagt. Natürlich erfuhr auch Schmidt davon, der sich kurzerhand entschloss, der Premiere fernzubleiben. - Schlichte Angst vor Goebbels und eventuellen Repressalien veranlassten ihn zu diesem Verhalten. Nachdem absehbar war, das der Film ein Erfolg werden würde, wurde Schmidt von seinem Produzenten in den Ufa-Palast zitiert. Fast zum Ende der Vorstellung traf er ein, seine Angst vor Goebbels mühsam beherrschend. Doch diese stellte sich als unbegründet heraus, Goebbels war begeistert und blieb noch in seiner Loge sitzen, als Joseph Schmidt Lied um Lied aus seinem Film wiedergab. Es sollte seine letzte große Huldigung auf deutschem Boden gewesen sein!

Sein kometenhafter Aufstieg kollidierte mit dem Aufkommen der Nazis. Am Höhepunkt seiner Karriere angelangt, sah er sich mit einem feindlichen Umfeld konfrontiert. Aus unbekannten Gründen lehnt Josef Schmidt 1933 ein Angebot der amerikanischen Firma NBC ab und wandert nach Wien aus. Als Jude musste er sich dem Zugriff der Nazis entziehen.
Amerika meldet sich wieder, denn die englischen Versionen zweier Schmidt-Filme „My Song goes round the World“ und der 1936 in Wien uraufgeführte „A Star fell from Heaven“ werden dort vom Publikum begeistert aufgenommen. „The tiny Man with the Great Voice“, wie ihn die Amerikaner bezeichnen, hat sein Debüt am 7. März 1937 im Rahmen eines „General Motors Concert“. Er beginnt eine große Gastspielreise durch die USA mit vier Konzerten in der Carnegie-Hall. Die Tournee wird zu einem Triumphzug und macht ihn nebenbei zum bestbezahltesten Sänger aller Zeiten (für einen Drei-Minuten-Auftritt 10.000 US-Dollar). Joseph Schmidt ist in den Staaten zum Superstar aufgestiegen. Aber das Heimweh nach Europa, seiner Mutter, die er regelmäßig besucht, ist größer als alle verlockenden Angebote. Mitte Februar 1938 kehrt er nach Wien zurück. In seinem letzten Film „Heut ist der schönste Tag in meinem Leben“ (Österreich 1936) konnte Joseph Schmidt sein wohl schönstes Lied vortragen: "Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben". Nach der Annexion Österreichs 1938 floh er erst nach Brüssel und dann nach Südfrankreich. Fast mittellos, abgeschnitten von dem Manager, seinem Onkel Leo und damit von seinem Geld, läßt er sich in Lyon nieder.

Von dort versuchte er am 20. Dezember 1941 vom Hafen Nizzas aus nach Kuba zu emigrieren, doch dieser Versuch scheiterte mit dem Kriegseintritt Amerikas, da der gesamte Schiffsverkehr eingestellt wurde. Schliesslich blieb ihm nichts anderes übrig, als in der Nacht vom 7. auf den 8. Oktober 1942 illegal die Grenze zur Schweiz zu übertreten, nachdem ihm diese ebenfalls die Einreise verweigert hatte. Er konnte sich in der Schweiz für eine Woche in Zürich verstecken. Danach wurde er ins Internierungslager Girenbad eingewiesen (es sollte die letzte Station in seinem Leben werden). Bevor er die Reise zum Flüchtlingslager Girenbad antrat, versetzte er bei einem Pfandleiher das Einzige ihm verbliebene Wertstück für 100 Franken: die goldene Taschenuhr, die dem „beliebtesten Sänger Berlins“ 1932 überreicht wurde. Im Lager wartete er unter katastrophalen Umständen mit 350 anderen Juden auf den Asylentscheid. Die Gefangenen wurden nebst den widrigen Umständen auch von einem "Hund von Lagerleiter“ - wie Joseph Schmidt ihn selber in einem seiner letzten Briefe beschrieb - schikaniert. So verlangte dieser unter anderem, dass alle Gefangenen mitten in der Nacht im Pyjama draussen im Schnee anzutreten hatten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Schmidt unter diesen Umständen eine Erkältung und Herzbeschwerden davontrug. Joseph Schmidt erlitt eine erste Herzattacke und wurde ins Lagerspital eingeliefert. Bald schon wurde er wieder aus dem Spital entlassen, seine Beschwerden als Fluchtversuch vor der Arbeit interpretiert. Er wurde gezwungen, Gräben auszuheben, eine zweite, tödliche Herzattacke folgte. Er wurde in die nahegelegende Pension Waldegg gebracht und starb dort völlig verarmt - erst 38 Jahre alt - am 16. November 1942 an Herzversagen: für den untersuchenden Arzt war Schmidt ein Simulant.
Als im Jahre 1947, auf Wunsch der Mutter des Verstorbenen, ein Rechtsanwalt die Hinterlassenschaft Joseph Schmidts sichtete, fand er bloß einen Koffer mit vergilbten Hemden und verschimmelten Schuhen, einen Siegelring und die goldene Uhr, die der einst gefeierte Tenor als Anerkennung von einer Plattenfirma erhielt.

Sein Name ist vielen älteren Menschen in Rumänien, aber auch in der Schweiz, noch heute ein Begriff.


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